Oliver Drechsel konzertiert in Haus Eller

Hammerflügel

Tafelklaviere

Kielinstrumente

Pianos

Sammlung Dohr
Pianomuseum Haus Eller
Historische Tasteninstrumente

Fortepianos

Square Pianos

Harpsichords

Pianos

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Christoph Dohr

aktualisiert
Montag, 08.01.2024 8:58

Mir ist der Besitz nötig, um den richtigen Begriff der Objecte zu bekommen. Frei von den Täuschungen, die die Begierde nach einem Gegenstand unterhält, läßt erst der Besitz mich ruhig unbefangen urtheilen; und so liebe ich den Besitz, nicht der besessenen Sache, sondern meiner Bildung wegen und weil er mich ruhiger, und dadurch glücklicher macht.
[Johann Wolfgang von Goethe, 1812, zitiert nach Hermann Levi, Gedanken aus Goethes Werken, München o.J., S. 60.]

Die Sammlung Dohr – ein integrales Konzept

Sammlungszweck ist, die Entwicklung besaiteter Tasteninstrumente von ihren Anfängen bis in die Gegenwart erlebbar zu machen und für die Nachwelt zu erhalten. Die Sammlung umfasst ausgewählte, baugeschichtlich und/oder klanglich bedeutende, zum Teil auch wertvolle Instrumente und deren Nachbauten. Die Instrumente werden in Führungen, Konzerten, auf Tonträgern, zudem auf dieser Website und in den social media vorgestellt und zum Klingen gemacht.

 

Vorgeschichte und erstes Konzept

Dem Aufbau einer Sammlung historischer Tasteninstrumente (seit 1998) ging seit Anfang der 1980er-Jahre eine fünfzehnjährige theroretisch-praktische Beschäftigung mit historischen Tasteninstrumenten voraus. So etwa von 1985 bis 1991 eine sechsjährige intensive Beschäftigung mit den besaiteten Tasteninstrumenten der Instrumentensammlung des Musikwissenschaftlichen Institut der Universität zu Köln;[1] eine Tätigkeit als studentische Kraft in der Redaktion Alte Musik/Kirchenmusik im WDR (Klaus L Neumann, Dr. Barbara Schwendowius, Dr. Eduard Gröninger) 1986; die wissenschaftlich-editorische und administrative Tätigkeit für mehrere Spezialensembles für Alte Musik 1987 bis 1995 (musica antiqua köln, La Stagione Frankfurt u.a.) In dieser Zeit wurden die in zwei Fluren gelagerten Instrumente[2] vermessen und für Führungen aufbereitet. Ein Teilergebnis dieser Arbeit wurde in Form eines Kataloges publiziert.[3]

Ab Herbst 2000 entwickelte der Verf. ein integrales Konzept, die verschiedenen Sparten seines Musikverlages (Fachbuch, Notenausgabe, Tonträgerproduktion, Öffentlichkeitsarbeit) mit einer eigenen Sammlung besaiteter Tasteninstrumente zu kombinieren. Eine erste Realisation und einen besonderen Höhepunkt erlebte das Konzept beim Rinck-Fest Köln 2003, das alle Sparten in wohl idealer Weise zusammenführte.[4] Dieses Konzept sah sich im Einklang mit erfolgreichen, jeweils anders ausgerichteten Konzepten an anderen Orten (Sammlung Beurmann, Hamburg; zudem die großen Sammlungen in Berlin und Nürnberg), vom alten Museumskonzept des bloßen Zurschaustellens eines Musikinstrumentes abzurücken und eine Re-Funktionalisierung desselben herbeizuführen. Die damalige Situation hat sich in den vergangenen Jahren geändert. Heute (2023) stehen mehrere weitere private Sammlungen mit ihren Konzepten in der musikalischen Öffentlichkeit und bieten Konzerte, Führungen und weitere Aktionen an.

 

Heutiges Konzept der Sammlung Dohr

Die Sammlung Dohr Köln trägt seit nunmehr 25 Jahren im Schwerpunkt besaitete Tasteninstrumente zusammen. Ziel ist, Musik vom 17. bis zum frühen 20. Jahrhundert auf authentisch restaurierten Original-Instrumenten der jeweiligen Zeit und deren Kopien im Konzert vorzustellen und auf Tonträger einzuspielen. Die Sammlung Dohr beteiligt sich damit an der Weiterführung der historisierenden Aufführungspraxis über das einige Jahrzehnte als Marke geltende Jahr 1800 hinaus und möchte die Kenntnisse über die Vielfalt des Klanges besaiteter Tasteninstrumente verbessern.[5] Das dabei relevante Repertoire erscheint - u.a. in kritisch revidierten Neuausgaben - in der Edition Dohr[6].

Als weiterer wichtiger Zweig hat sich von Anfang an die Dokumentation der Geschichte des Baus historischer Tasteninstrumente im 20. Jahrhundert entwickelt.

Die Sammlung Dohr Köln umfasst derzeit rund 110 besaitete Tasteninstrumente aus der Zeit ab 1750 bis in die Gegenwart: Clavichorde; Cembali, Virginale, Spinette, Clavicytherien; Hammerflügel; Tafelklaviere; aufrechte Klaviere; experimentelle Sonderformen. Dahinter steht das Konzept, die Entwicklung besaiteter Tasteninstrumente vom frühen 15. Jahrhundert bis in die Gegenwart darzustellen zu können.

Die Sammlung besaiteter Tasteninstrumente wird ergänzt durch eine Sammlung von Mechanik-Modellen, stummen Übeklaviaturen, Ephemera, eine Fachbibliothek; seit 2015 - initiiert durch eine Schenkung des Düsseldorfer Konzertpianisten und ToyPiano-Pioniers Bernd Wiesemann (1938-2015) - ist eine Sammlung von ToyPianos (Kinderspielklaviere bzw. Kinderklaviere) hinzugekommen.

Zum Konzept gehört es, gleichermaßen systematisch wie exemplarisch besaitete Instrumente zu sammeln und dabei auch regional (Europa mit Zentrum Deutschland) eine weite Auffächerung zu erreichen. Neben Unikaten aus kleinen Manufakturen steht Massenware aus industrieller Fertigung, neben dem quasi unberührt original erhaltenen Instrument dasjenige mit bewegter, an seiner Substanz und seinem Erhaltungszustand ablesbarer Geschichte.[7] Das exemplarische Sammeln hat es ab einem bestimmten Punkt auch mit "Doubletten" zu tun, die regelmäßig zum Verkauf anstehen, um das Konzept zu schärfen und die Sammlung lebendig zu halten. Auch die Regel "Restaurieren versus Konservieren" wird im Auge behalten.

Die Sammlung ist "europäisch" ausgerichtet und beherbergt Instrumente nicht nur aus den verschiedensten Regionen Deutschlands (Rheinland, Norddeutschland, Franken, Thüringen, Schlesien [heute polnisch], [Baden-] Württemberg, Berlin, München etc.), sondern auch aus Österreich (Anton Walter & Sohn, Wien; C. Graf, Wien, Johann Baptist Streicher & Sohn, Wien, Bösendorfer, Wien), England (Zumpe & Buntebart, London, Johannes Pohlmann, London, Christopher Ganer, London, William Stodart, London, Kirkman & Son, London, drei Instrumente von John Broadwood & Sons, London, John Paul), Frankreich (Sébastien Erard, Paris, Francois Soufleto et Cie, Paris, Pleyel & Wolff, Paris, Pleyel, Paris, vier Instrumente von Jean Henri Pape), Lettland (Christian Erdmann Rancke, Riga), Dänemark (zwei Instrumente von Steen Nielsen, Kopenhagen) und den U.S.A. (Virgil, New York; Schoenhut).

 

Umsetzung des Konzepts

Das oben skizzierte Konzept wird auf vielfältige Weise intensiv umgesetzt:

1. Seit 2005 finden Gesprächs-Konzerte im "Pianomuseum Haus Eller" statt, in denen im Wechsel bisher über 40 Instrumente der Sammlung Dohr dem Publikum vorgestellt wurden.

2. Ebenfalls seit 2005 finden Führungen für alle Alters- und Interessens-Gruppen durch die Sammlung Dohr statt. Die Führungen sind interaktiv und ermöglichen den Teilnehmern auch das Spiel auf den vorgestelten Instrumenten.

Insgesamt wurden von 2005 bis heute mehr als 350 Veranstaltungen im Pianomuseum Haus Eller mit Instrumenten der Sammlung Dohr realisiert.

3. Instrumente der Sammlung Dohr werden ausgeliehen und vermietet und tragen damit auch an weiteren Orten zur Belebung des Musiklebens bei.

4. 2018 gründete sich der Förderverein Pianomuseum e.V. Dieser Verein hat 2020 in Verbindung mit der Sammlung Dohr das Konzept "Clavichord Stipendium" zur Steigerung der Bekanntheit des Clavichords unter Studierenden wie auch in der musikalischen Öffentlichkeit entwickelt und realisiert. Mittlerweile stehen bis zu sechs Clavichorde der Sammlung Dohr für dieses Projekt zur Verfügung.

5. Das Pianomuseum Haus Eller administriert seit 2021 eine gleichnamige Facebook-Gruppe, die sich seitdem steigernder Beliebtheit erfreut und bisher über 680 Mitglieder hat.

6. Zur Zeit[8] sind sechzehn Compact Discs, die auf fünf verschiedenen Hammerflügeln sowie weiteren Instrumenten der Sammlung Dohr eingespielt wurden, publiziert (weitere CDs sind in Produktion):

  1. Von der auf einem oberschlägigen Konzertflügel des Berliner Instrumentenbauers Theodor Stöcker[9] aus dem Jahre 1868 zur Ausführung kommenden Gesamteinspielung des Klavierwerkes von Friedrich Kiel (1821-1885) sind bislang vier von insgesamt sieben CDs[10] publiziert.
  2. Auf einem Hammerflügel des bis dato in der Fachliteratur unbekannten Rigaer Klavierbauers Christian Erdmann Rancke aus der Zeit um 1820/1825[11] wurden bisher ebenfalls vier Tonträger[12] eingespielt; zudem war das Instrument „Hammerflügel in residence“ beim Rinck-Fest Köln 2003 [13], kam bei Rundfunkaufnahmen zum Einsatz und bei weiteren Konzerten zum Erklingen.
  3. Als drittes Instrument der Sammlung Dohr ist der Hammerflügel von Johann Baptist Streicher und Sohn mit Wiener Mechanik aus dem Jahre 1861 auf mehreren CDs dokumentiert.[14]
  4. Als viertes Instrument ist der Konzertflügel John Broadwood & Sons, London 1865 dokumentiert; mit ihm wurde eine CD mit Klaviermusik aus der Mitte des 20. Jahrhunderts von Johann Lütter und eine CD mit Saxophon-Werken aus der Zeit von Adolph Sax eingespielt.
  5. Auch Kopien historischer Tasteninstrumente sind für CDs herangezogen worden, so der "Mozart-Hammerflügel" aus der Werkstatt von J. C. Neupert, Bamberg 2007.

Eine Compact Disc mit Claviermusik aus der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts, gespielt auf einem Tafelklavier ("in Form einer liegenden Harfe"), ist in der Fertigung.

Erstmals auf CD zu hören ist der Nachbau des Clavichords Wilhelm Heinrich Baethmann 1799 durch J. C. Neupert, Bamberg. Auf dem in der Sammlung Dohr befindlichen Instrument, gebaut 1999, spielte Oliver Drechsel für das Label Dohr Klaviersonaten von Christian Gottlob Neefe ein (2005/2006). Diese CD ist derzeit lediglich zusammen mit dem Notenband (Neefe: Klaviersonaten = Denkmäler Rheinischer Musik Vol. 10/11) erhältlich.

Christoph Dohr
Ahe, 27. September 2023


[1] Eine vom Verfasser in den Jahren 1985/1986 vorangetriebene Arbeit Zur Geschichte des Baus besaiteter Tasteninstrumente in Köln wurde nicht abgeschlossen. Sie entstand in der parallel zur Gründung der Kölner Philharmonie (1986) losgetretenen öffentlichen Diskussion zwecks Wiedererstehens eines Kölner Musikinstrumentenmuseums in der Nachfolge der Sammlung Heyer, die aufgrund des damaligen Desinteresses der Kölner Kulturpolitik von den Heyerschen Erben in den 1920er-Jahren nach Leipzig veräußert wurde. Die Diskussion verlief in den 1980er-Jahren im Sande. Bis heute gibt es kein öffentliches Interesse an einem Musikinstrumentenmuseum in der Musikstadt Köln.

[2] Die Sammlung ist derzeit auf Anmeldung und im Rahmen der "Konzerte in Haus Eller" öffentlich zugänglich.

[3] Christoph Dohr, Die Instrumentensammlung des Musikwissenschaftlichen Instituts zu Köln, in: Werner Schäfke (Hg.): Die Musikinstrumentensammlung des Kölnischen Stadtmuseums, Köln: Stadt Köln und Kassel: Verlag Merseburger 1993, S. 19-44. Dem heutigen, fortgeschrittenen Wissensstand gemäß sind vor allem mehrere der im Katalog gemachten Datierungen zu korrigieren.

[4] Der Deutsche Musikverleger-Verband (DMV e.V. Bonn) würdigte das Konzept durch die Verleihung des Sonderpreises für außergewöhnliche verlegerische Leistungen des Deutschen Musikeditionspreises 2004, überreicht am 31. März 2004 im Rahmen der Frankfurter Musikmesse durch den hessischen Minister für Wissenschaft und Kunst, Udo Corts.

[5] Hierzu gehört nicht nur das Konzertieren auf historischen Originalinstrumenten, sondern auch das Gegenüberstellen der verschiedenen Klänge innerhalb eines Konzertes. Als Pionier für dieses Konzept der Gegenüberstellung mag der Pianist Ratko Delorko (Düsseldorf/Essen) gelten, der in den 1990er Jahren mit einer Sammlung historischer Tasteninstrumente auf Konzerttournee ging.

[6] Fortlaufend aktualisierte Informationen im Internet unter www.dohr.de.

[7] Ein Katalog der Sammlung Dohr Köln ist in Vorbereitung.

[8] Stand: Sommer 2023.

[9] Siehe hierzu die unveröffentlichte Studie: Heiko Schwichtenberg, Der Klavierbauer Theodor Stöcker aus Berlin. Magisterarbeit TU Berlin, masch, Berlin 1990. Theodor Stöcker hat einen Teil seiner Lehrzeit bei Jean Henri Pape in Paris verbracht, von dem nachfolgend ein in der Sammlung Dohr befindliches oberschlägiges Tafelklavier näher beschrieben wird.

[10] Johann Christian Heinrich Rinck, Klavierwerke Vol. 1, Oliver Drechsel : DCD009, 2002; ders., Klavierwerke Vol. 2, Oliver Drechsel und Wilhelm Kemper, Secondo: DCD011, 2003; ders., Klavierwerke Vol. 3, dies.: DCD013, 2004

[11] Eine ausführliche und reich bebilderte, wenn auch noch nicht erschöpfende Dokumentation zu Ranke, zum Instrument und zur Restaurierung enthält: Christoph Dohr, Christian Erdmann Rancke und sein Pianoforte. Köln: Verlag Dohr 2003.

[12] Johann Christian Heinrich Rinck: Klavierwerke Vol. 1, Oliver Drechsel , DCD018, 2002; J.Ch.H. Rinck: Klavierwerke Vol. 2, Oliver Drechsel und Egino Klepper, Secondo, DCD019, 2003; Johann Wilhelm Wilms: Klavierwerke Vol. 2, Oliver Drechsel , DCD025, 2004.

[13] Programm zugänglich in: Johann Christian Heinrich Rinck, Dokumente zu Leben und Werk, hrsg. von Christoph Dohr. Köln: Verlag Dohr 2003, Anhang 1.

[14] Franz Wüllner, Kammermusik; DCD020, 2003. Alle erwähnten CDs sind im Dohr-Verlag erschienen.

 

DohrCompactDiscs, eingespielt
auf Instrumenten des Pianomuseums